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Ein Essay zu den Umbrüchen im Finanzsystem durch Digitalisierung und „Green Finance“

von Peter Mooslechner

Vor 10 Jahren hat die Finanz- und Wirtschaftskrise 2007ff. von den (amerikanischen) Finanzmärkten ihren Ausgangspunkt genommen. Ihr Verlauf und die wirtschaftspolitischen Reaktionen darauf – von Strukturveränderungen der Liquiditätsversorgung bis zur Regulierung – haben weltweit zu markanten Veränderungen von Finanzmärkten und Finanzinstitutionen geführt, die auch heute noch anhalten und die weitere Entwicklung prägen werden.

Eines ist nach den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts dabei sicher: Die Finanzmärkte werden auch nach vollständiger Krisenbewältigung „nicht mehr so sein wie früher“. Freilich geht das keineswegs nur auf die Kriseneffekte zurück, sondern diese „überlagern“ eine Reihe genereller und langfristig persistenter Entwicklungstrends. Mindestens zwei dieser Trends verdienen jedenfalls besondere Aufmerksamkeit – konkret (in Schlagworten) „Digitalisierung“ und „Green Finance“.

Digitalisierung: FinTechs in aller Munde…

Wie manche meinen erstaunlich spät[1] – aber mit umso größerer Heftigkeit – hat die Frage der Digitalisierung und der mit ihr verbundenen Aspekte nun die Finanzindustrie erreicht. Erstaunlich spät vielleicht deshalb, weil Finanztransaktionen – vom Bankomat bis zur Börse – bereits seit längerer Zeit in einem hohen Ausmaß elektronisch abgewickelt werden, vielleicht sogar früher und stärker als in vielen anderen Wirtschaftsbereichen. In diesem Sinne ist FinTech auch nicht neu, sondern die konsequente – beschleunigte – Fortsetzung der Integration neuer Technologien in das Finanzdienstleistungsangebot.

Es müssen also darüber hinaus gehende Faktoren sein, die den Finanzsektor aktuell so stark ins Zentrum der Digitalisierungsdiskussion gerückt haben. Zentral dafür ist eine veränderte Wettbewerbskonstellation, die durch den vehementen Markteintritt und das rasante Wachstum von FinTechs entstanden ist. Wenn zukünftig viele traditionelle Finanzdienstleitungen (auch) von nicht-traditionellen Anbietern erbracht werden können und diese das technologisch bedingt mit höherer Produktivität bzw. niedrigeren Kosten tun können, dann wird das gleichermaßen die Struktur des Angebots und der Nachfrage/Nutzung von Finanzdienstleitungen stark verändern. Insbesondere für die traditionellen – ein weites Angebotsportfolio abdeckenden – Universalbanken ist das herausfordernd. Während ihr Kundenspektrum von traditioneller Filialkundschaft bis hin zu bereits technologisch hochaffinen Kunden reicht, können sich FinTechs auf die spezifische Nachfrage nach den von ihnen angebotenen „digitalisierten Dienstleistungen“ konzentrieren.

Am weitesten fortgeschritten ist der FinTech-Impact im Bereich des Zahlungsverkehrs. Dort wurde der Einfluss neuer Technologien am frühesten in ein marktreifes Angebot umgesetzt, das gleichzeitig aus technologischen Gründen direkt – unter Umgehung traditioneller Finanzinstitutionen – an die Kunden herangetragen werden konnte. Über das etablierte Online-Banking hinausgehende Bezahlverfahren dominieren derzeit das FinTech-Angebot, gleichzeitig integrieren aber auch traditionelle Finanzinstitutionen diese technologischen Möglichkeiten in ihr eigenes Angebot.

FinTech ist mehr als nur Zahlungsverkehr

Potentiell reicht das Produktangebot von FinTechs jedoch weit über den unmittelbaren Bereich des Zahlungsverkehrs hinaus, von Finanzierung und Asset Management bis hin zu Angeboten außerhalb des Bankensystems, beispielsweise von Versicherungen. Zu unterscheiden sind diese unterschiedlichen Ausprägungen der Digitalisierung des Finanzsystems vor allem nach zwei Kriterien:

  • Das zentrale Charakteristikum ist in Weiterentwicklung des Online-Banking die Mobilität des Angebots, das via Tablet und Smartphone in Realtime überall verfügbar ist.
  • Der zweite Aspekt betrifft Algorithmus-basierte Anwendungen, die bisher von Menschen getroffene inhaltliche Entscheidungen (zB Kreditvergabe, RoboAdvise in der Veranlagung) nach definierten Problemlösungskriterien selbständig elektronisch generieren.

Voraussetzung ist dafür in beiden Fällen die Verfügbarkeit und die Handhabbarkeit von Big Data, wodurch die erforderlichen Informationen produziert und eine schnelle Verarbeitung der Daten sichergestellt werden können. Der potentielle Zugang zu den Kontodaten für alle Anbieter durch die PSD2-Richtlinie der EU ab Jahresbeginn 2018 stellt nur ein Beispiel für den fortgeschrittenen Stand dieser markanten Entwicklungen dar.

Gestützt auf neue Technologien steht der Finanzdienstleistungssektor jedenfalls vor einem fundamentalen Umbruch. FinTechs, als ein markantes „Symbol“ dieser Entwicklung, konzentrieren sich (noch) auf einzelne Glieder der Wertschöpfungskette von Finanzdienstleistungen. Die Grenzen zwischen traditionellen Finanzinstitutionen („Intermediären“), Finanzmärkten und neuen Finanzdienstleistungsanbietern verschwimmen jedoch rasch und zunehmend, mit umfassenden Auswirkungen auf die traditionellen Anbieter und etwa die Beschäftigungssituation im Bankenbereich. Diesen Strukturwandel gilt es gezielt wirtschafts- und gesellschaftspolitisch zu managen, weil er bedingt durch die Bedeutung seiner Konsequenzen „gestaltet“ werden muss und nicht einfach nur „passieren“ kann und soll.

„Green Finance“ als gesellschaftspolitisch relevante Herausforderung

Mindestens genauso fundamental – aber vergleichsweise noch wenig(er) beachtet – sind die Veränderungen aufgrund der globalen Anforderungen, die unter dem Schlagwort „Green Finance“ zusammengefasst werden. Auch wegen und durch Green Finance wird und muss sich die Finanzindustrie signifikant verändern, um diesen neuen Herausforderungen und Rahmenbedingungen entsprechen zu können.

Als Mark Carney (2015) seine inzwischen berühmte Rede zu „Climate Change and Financial Stability“ hielt, hat diese mit ihrer damals ungewohnten Verbindung dieser beiden Themen vielfach für Verwunderung gesorgt. Weniger überraschend war, dass Carney den Schwerpunkt seiner Argumentation auf den Impact von Climate Change auf die Finanzmarktstabilität legte, weil – bisher sicherlich zu wenig beachtet – der Finanzsektor von den damit verbundenen Risiken und Anpassungsprozessen besonders stark betroffen sein wird. Nicht zufällig hat er die Rede bei einem Versicherungsunternehmen (Lloyd’s of London) gehalten, weil diese Risiken für die Versicherungsindustrie heute schon eine wesentliche Rolle spielen.

Spätestens seit dem Beschluss der vergleichsweise ambitionierteren Klimaziele von Paris ist aber auch klar, dass ein „passiver Zugang“ nicht ausreichen wird, die damit angestrebten Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Vielmehr sind dafür in einem viel höheren als bisher realisierten Ausmaß aktive Maßnahmen erforderlich, die mit massiven Strukturveränderungen unseres Wirtschaftssystems einhergehen müssen. Das erfordert enorme Investitionen und wirft die grundsätzliche Frage auf, auf welche Art und Weise eine derartige Transformation überhaupt möglich erscheint bzw. mit welchem Instrumentarium sie erreicht werden kann?

Strukturelle Veränderung als zentrale Voraussetzung für Innovation und ökonomische Dynamik

Schon analytisch stellt das eine nicht unerhebliche Herausforderung dar, da die Behandlung grundlegender struktureller Umbrüche dieser Art sicherlich nicht zum Tagesgeschäft der Ökonomie gehören. Es gibt jedoch durchaus vergleichbare ökonomische Fragestellungen, die für eine derartige Analyse als Orientierung herangezogen werden können. Beispiele sind etwa fundamentale technologische Umbrüche („Innovationen“) von der Dampfmaschine bis zur Digitalisierung, große Infrastrukturanforderungen (z.B. Glasfaser- oder Mobiltelefonnetze) oder fundamentale Veränderungen von Produktionsprozessen, wie etwa die Einführung der Fließbandproduktion oder der industriellen Robotik. Gemeinsam ist allen diesen „Umbrüchen“ bei aller Unterschiedlichkeit ein hoher fundamentaler Investitionsbedarf, der die Ressourcenallokation einer Volkswirtschaft umfassend und permanent verändert – und diese auch verändern muss, wenn die angestrebte Zielsetzung tatsächlich erreicht werden soll.

Wie das geschehen und was die Voraussetzungen dafür sind, spielt aber in der ökonomischen Literatur erstaunlich wenig Rolle. Das vermutlich vor allem deshalb, weil es sich um sehr langfristig orientierte Fragen der Veränderung unserer Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme handelt, die im üblichen kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont der Wirtschaftspolitik als konstant vorausgesetzt werden. Demgegenüber steht gleichzeitig ein permanentes „Wehklagen“, wenn bzw. dass diese doch allgemein akzeptierten und als so wichtig eingeschätzten Zielvorstellungen – wie in der Klimapolitik – nicht erreicht werden (können). Ein Rückgriff auf die strukturellen und langfristig angelegten Analysen von Joseph Schumpeter in seiner „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ (1911) kann helfen, einerseits die relevante Problemsituation analytisch herauszuarbeiten und andererseits die Anforderungen aufzuzeigen, die für eine Bewältigung der Situation wichtig erscheinen.

Schumpeter konzentrierte sich auf die spezifische Frage, wie strukturelle Veränderung und langfristige ökonomische Dynamik in einem modernen marktwirtschaftlichen System zusammenhängen und „erzeugt“ werden (können). Von diesen seinen Überlegungen ist der Begriff der „kreativen Zerstörung“ populär geworden, vielleicht ohne dass dessen eigentliche Bedeutung im breiteren Zusammenhang der Schumpeter’schen Sichtweise immer ganz verstanden worden ist. Worauf Schumpeter zentral hinweist ist, dass die Frage des Strukturwandels einer Volkswirtschaft entscheidend mit der Ressourcenallokation bzw. einer Veränderung der Ressourcenallokation verbunden ist und von dieser abhängt.

Was er damit meint, kann man (vereinfacht) etwa so illustrieren:

  • Im Ausgangszeitpunkt (man kann diesen auch als Gleichgewicht verstehen) sind Produktionsniveau und Produktionsstruktur einer Volkswirtschaft durch die bestehende Verteilung von Ressourcen (im einfachsten Fall Arbeit und Kapital) auf verschiedene Verwendungen (zB Produktionssektoren) gekennzeichnet. Entsprechend den Charakteristika dieser Produktionssektoren (wie Produktivität, Arbeitsintensität, Produktstruktur) bestimmt diese Struktur den ökonomischen Output einer Volkswirtschaft.
  • Will man nun den Level und/oder die Produktionsstruktur einer Volkswirtschaft verändern, setzt das eine Veränderung der Ressourcenverteilung voraus. Will man mehr Regenschirme und weniger Waschmaschinen produzieren, so gilt es Ressourcen von der Waschmaschinen- in die Regenschirmindustrie zu verschieben. Da die Produktionsvoraussetzungen in der Regenschirm- und der Waschmaschinenindustrie aber unterschiedlich sind, wird das sowohl das Niveau als auch die Produktionsstruktur der Volkswirtschaft nachhaltig verändern.
  • Die zentrale Frage dabei ist, wie eine (erwünschte) Veränderung zustande kommt bzw. herbeigeführt werden kann. Entscheidend dafür ist die Umschichtung des Kapitalstocks, die – abgesehen von einer (ineffizienten) Unterauslastung der Produktionskapazität – durch Veränderungen im Investitionsverhalten herbeigeführt wird: Im einen Sektor werden (Ersatz-)Investitionen nicht mehr durchgeführt und der Kapitalstock sinkt; in einem anderen Sektor werden Erweiterungsinvestitionen vorgenommen, die Produktionskapazität nimmt zu.

Wie kann eine zielorientierte Reallokation von Ressourcen erreicht werden?

Was sind nun die konkreten Mechanismen, wie diese Ressourcen-Reallokation tatsächlich umgesetzt werden kann?

  • Eine Möglichkeit ist eine Umschichtung durch die Gründung neuer Unternehmen, die Regenschirme produzieren, während Unternehmen mangels Nachfrage ausscheiden, die bisher Waschmaschinen produziert haben.
  • In der bestehenden Regenschirmindustrie können die existierenden Unternehmen durch Erweiterungsinvestitionen ihre Produktion ausweiten.
  • Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass existierende Unternehmen ihre Produktionsstruktur innerhalb des Unternehmens verändern. In unserem Beispiel könnte ein Waschmaschinenproduzent beginnen (auch) Regenschirme zu erzeugen und seine Ressourcenverwendung entsprechend den Produktionsanforderungen für Regenschirme intern umzuschichten.

Gemeinsam ist allen drei hier angeführten Beispielsfällen, dass es spezifische Produktionskapazität in einem Sektor neu aufzubauen gilt. Das erfordert in allen Fällen signifikante Neuinvestitionen zum Aufbau eines entsprechenden Kapitalstocks. Dem gegenüber steht die Schumpeter’sche „destruction“ in den alten, schrumpfenden Sektoren, die sich durch Produktionseinschränkung und den Verzicht auf Ersatzinvestitionen oder die Stilllegung von Produktionskapazitäten ergibt. Vom Bergbau bis zur Stahlindustrie gibt es dafür zahlreiche historische Beispiele.

Wie können nun die für den Strukturwandel entscheidenden Neuinvestitionen tatsächlich realisiert und vor allem finanziert werden? Hier ist Schumpeter ganz eindeutig, indem er dem Finanzsystem – der Finanzierung durch Banken und Finanzmärkte – die entscheidende Rolle für die Verwirklichung von Strukturwandel zuordnet. Ohne die Verfügung über entsprechende Finanzierungsmittel für diejenigen Investoren, die neue Produktionen aufbauen wollen, kann die Re-Allokation der Ressourcen nicht erreicht werden.

Woher können nun diese Finanzierungsmittel kommen? Den weitaus größten Anteil an der Finanzierung der Investitionen des Unternehmenssektors macht die Innenfinanzierung aus, also die Finanzierung aus einbehaltenen Gewinnen. Soll die Re-Allokation mittels dieser erreicht werden, so müssten (i) bestehende, gewinnträchtige Unternehmen (ii) Mittel aus ihrem Cash-flow (iii) in neuartige Investitionen umschichten. Die Re-Allokation vollzieht sich damit de facto innerhalb eines Unternehmens, wobei zur Umsetzung auch Ausgliederungen u.ä. in Frage kommen. Der Waschmaschinenproduzent baut als zweites Standbein eine Regenschirmproduktion auf.

Bei der Fremdfinanzierung von Investitionsvorhaben reicht die Bandbreite der Finanzierungsmöglichkeiten von der Beteiligungsfinanzierung – Kapitalaufstockung, Gründung von Start-ups, Venture Capital Aufbringung etc. – bis zur Kreditfinanzierung durch Banken oder in verbriefter Form. Für alle diese Finanzierungsformen ist typisch, dass sie die ex-ante-Bereitschaft eines Financiers voraussetzen, Finanzierungsmittel für den intendierten Investitionszweck auch tatsächlich zur Verfügung zu stellen.

Selbst in dieser verkürzten Darstellung erkennt man unmittelbar, dass ganz unterschiedliche Entscheidungs- und Anreizmechanismen aktiviert werden müssen, um die angestrebten Umschichtungen zu erreichen.

Ohne „Green Finance“ können die Klimaziele von Paris nicht erreicht werden!

Und was bedeutet das alles nun für die Umsetzung der Klimaziele? Nicht weniger oder mehr als dass zunächst die Finanzierungsvoraussetzungen für eine „Green Economy“ bzw. eine „Dekarbonisierung“ unseres Wirtschaftssystems geschaffen werden müssen, um die dafür erforderliche nachhaltige Veränderung der Produktionsstrukturen zu verwirklichen. Das kann und muss innerhalb bestehender Unternehmen ansetzen, weil die Verwendung des Cash-flows dafür den wichtigsten Ansatzpunkt bietet. Gleichzeitig sind tatsächlich strukturverändernde Investitionen aber vor allem von neuen Unternehmen und innovativen Investitionsprojekten zu erwarten. In beiden Fällen ist es wesentlich, dafür die entsprechenden Finanzierungsinstrumente zu entwickeln und zu nutzen. Damit das gelingt, bedarf es einer Transformation des bestehenden Finanzsystems sowie veränderter Verhaltensweisen und Zielsetzungen der Financiers.

Selbstverständlich werden in unseren bestehenden Finanzierungssystemen bereits „Green Economy“ – Projekte auf vielfältige Art und Weise finanziert, auch ohne dass diese in vielen Fällen so bezeichnet werden. Aber die dafür ausschlaggebenden Kriterien sind die für alle(!) Finanzierungen üblichen und diese sind nicht an spezifischen Zielsetzungen orientiert. D.h. eine zielorientierte Veränderung der Finanzierungsstrukturen setzt die umfassende Entwicklung von „Green Finance“ – Märkten mit entsprechenden Instrumenten und Kriterien voraus, an denen sich Veranlagung, Mittelverwendung und Finanzintermediation gleichermaßen orientieren können.

Tatsächlich gibt es in der Realität der heutigen Finanzmärkte schon seit einiger Zeit gewisse Tendenzen in diese Richtung. Freilich sind das einerseits maximal zaghafte erste Ansätze, andererseits ist deren Volumen im Vergleich zum Gesamtmarkt an Finanzierungen nahezu vernachlässigbar. Überdies konzentrieren sich diese Ansätze vor allem auf den Wertpapiermarkt (HSBC, 2016), während der bei weitem überwiegende Teil der Fremdfinanzierung – vor allem in Europa – aus Bankkrediten stammt. Was fehlt sind allgemein akzeptierte Kriterien, eine Standardisierung von Produkten sowie die – damit verbundene – Marktliquidität. Wenn eine französische Atomanleihe als größter „Erfolg“ von Green Finance beworben wird, so wird das den interessierten Sparer und Anleger vermutlich eher abschrecken, als „green“ bezeichnete Angebote auch anzunehmen.

Und damit schließt sich auch Kreis von Digitalisierung und FinTech zu Klimazielen und Green Finance. Was im Mittelpunkt steht und stehen muss sind Verhaltensänderungen aller Akteure, die auf klare Ziele ausgerichtet sein müssen. Voraussetzung dafür ist aber die von der Bevölkerung bis zur Wirtschaftspolitik getragene Bereitschaft, strukturelle Veränderungen nachhaltig zu akzeptieren bzw. zu „wollen“, die die unverzichtbare Reallokation der Ressourcen schlußendlich möglich machen. Nur wenn das gelingt, werden in den beiden in diesem Essay kurz analysierten Bereichen zielorientierte, tragfähige Lösungen möglich und machbar sein.

[1] Siehe z.B. Bundesministerium der Finanzen, Digitalisierung des Finanzmarktes in Deutschland, Monatsbericht 21.11.2016: „Im Unterschied zur verhaltenen Wahrnehmung des Themas ‚Digitalisierung des Finanzmarktes‘ im vergangenen Jahr…“

Literatur

Carney, M. 2015. Breaking the tragedy of the horizon – climate change and financial stability. September 29.

Carney, M. 2017. The Promise of FinTech – Something New Under the Sun? Deutsche Bundesbank G20 conference. Wiesbaden. January 25.

European Commission. 2017. Fintech Consultation. https://ec.europa.eu/info/finance-consultations-2017-fintech_en.

G20. 2016. Green Finance Synthesis Report. July 15.

HSBC. 2016. Bonds and Climate Change. The State of the Market in 2016. July.

IMF. 2017. Fintech and Financial Services: Initial Considerations. SDN/17/05. June.

Lagarde, C. 2017. Fintech: Capturing the Benefits, Avoiding the Risks, IMF Blog. June, 20.

Philippon, T. 2016. The FinTech Opportunity. BIS Working Papers 655.

Schumpeter, J. 1911. Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Leipzig.

Scott, M., van Huizen, J., Jung, C. 2017. The Bank of England’s response to climate change. Quarterly Bulletin, Q2.

Zum Autor

Dr. Peter Mooslechner (Jg. 1954) ist seit Mai 2013 Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Er studierte Volkswirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz, wo er 1981 auch promovierte. Er war zunächst an der Universität Linz und anschließend am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung tätig, bevor er 1996 in die OeNB wechselte, wo er 1999 die Position eines Hauptabteilungsleiters für Volkswirtschaft übernahm. Dr. Mooslechner ist Mitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien, lehrte an einer Reihe österreichischer Universitäten und verfasste zahlreiche Veröffentlichungen zu einer großen Bandbreite wirtschaftspolitischer Fragen.

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