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Von Roland Lang und Fridolin Herkommer

Einer der zentralen Diskussionspunkte beim Thema Digitalisierung ist jener nach den Auswirkungen auf die Beschäftigung. Im Einzelnen kann an dieser Stelle nicht auf die verschiedenen mehr oder weniger seriösen Abschätzungen eingegangen werden. Für uns stellt sich die Kernbotschaft der ganzen Debatte so dar:

Nur die technischen Rationalisierungsmöglichkeiten zu betrachten greift jedenfalls zu kurz. Denn was man unter Digitalisierung versteht stellt praktisch ein Paradebeispiel für generische Technologien (vgl auch: Schlüsseltechnologien) dar. Das heißt, sie durchdringt mehr oder weniger stark praktisch alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereiche mit vielfältigen Wechselwirkungen. Dadurch hat sie natürlich auch unabsehbare – aber jedenfalls große – Wirkungen. Diese Wirkung wird weniger an der absoluten Arbeitskräftenachfrage bzw. den Beschäftigtenzahlen abzulesen sein als vielmehr an den Verschiebungen zwischen Branchen und an den sich wandelnden Qualifikationsanforderungen. Was auch automatisch damit verbunden ist: Eine Gesellschaft kann sich einer prinzipiellen Anwendung solch einer Schlüsseltechnologie nicht ohne große Nachteile gänzlich entziehen. Was zB für die Atomenergie als spezifische Anwendung nicht gilt.

Damit wird klar, dass die Betrachtung der Wirkungen auf das Arbeitsvolumen nur auf einer gesamtwirtschaftlichen Ebene erfolgen kann. Die schlichte Addition möglicher technischer Einsparungspotenziale in einzelnen Betrieben oder Institutionen führt in die Irre. Denn über die verschiedenen Wechselwirkungen entstehen auch Wachstumsimpulse in bestehenden Branchen oder auch gänzlich neue Wertschöpfungsmöglichkeiten und damit Arbeitsplätze. Wer hätte vor 30 Jahren daran gedacht, dass es heute Bedarf an Content ManagerInnen gibt – um nur ein Beispiel zu nennen. Aber Achtung: Voraussetzung ist, dass die potentiellen Wachstumsmöglichkeiten immer, wie auch in der Vergangenheit, durch zusätzliche Nachfragespielräume ausgeschöpft werden können. Entweder über erhöhte Kaufkraft durch, sinkende Preise (aufgrund der technologische Effizienzgewinne) oder über die Weitergabe der Produktivitätsgewinne in Form von höheren Einkommen. Beides erst schafft über zusätzliche Nachfragemöglichkeiten Impulse für Wachstum und Beschäftigung.

Historisch gesehen hatten grundsätzliche neue technologische Möglichkeiten mittelfristig keine Reduktion des gesamten volkswirtschaftlichen Arbeitsvolumens zur Folge. Im Gegenteil sind einigermaßen synchron damit Produktivitätssteigerungen, höheres Einkommen, mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze festzustellen (ein hundertfünfzig-Jahre- Vergleich lohnt sich da). Die Frage bleibt daher, ob sich in den dafür notwendigen Mechanismen des Interessensausgleichs eine grundsätzliche Änderung abzeichnen wird. Verändert die Digitalisierung, verändern Internet Giganten demokratiepolitische Prozesse und Gestaltungsspielräume und damit Machtverhältnisse nachhaltig? Könnte es sein, dass die entscheidenden Nachfragesteigerungen ausbleiben – durch Monopolgewinne und/oder zurückbleibende Weitergabe von Produktivitätsgewinnen?

Aufgrund fehlender bzw. verfehlter politischer Steuerungseingriffe führte diese Dynamisierung allerdings auch in der historischen Betrachtung zu negativen Folgen – drastisches Beispiel siehe Umwelt, Klima und Einkommensverteilung. Und es sind Legionen an Berufen ganz oder zumindest weitestgehend verschwunden. Man denke beispielsweise an die Kutscher, die nur noch vereinzelt mit Touristen in manchen Städten unterwegs sind. Oder an die Schriftsetzer, die seit Beginn des Buchdrucks im 15. Jhd von enormer Bedeutung waren aber mit der Informationstechnologie zunächst ihre Ausbildungsinhalte stark veränderten und dann als Name völlig verschwanden – in Österreich mit einer Änderung einer Berufsausbildungsverordnung im Jahre 1998.

Aktuelle Beispiele sind LinguistInnen und die Entwicklungen von auf statistischen und mathematischen Methoden basierenden Übersetzungsprogrammen wie Google Translate. Wie verändert diese Technologie den Beruf? Wird er durch Algorithmen substituiert oder aufgewertet, weil sich menschliche Übersetzung in Zukunft über Neudichtung und Interpretation definiert und nicht über Wort für Wort Übersetzung. In den Sekretariaten, beispielsweise, fand weniger eine Substitution als oftmals eine Aufwertung in Richtung AssistentIn statt. Klar ist, dass Berufe vielfältiger und individueller werden, was für den Menschen viele Chancen mitbringt.

So weit so gut oder schlecht. Leider bringt eine Feststellung, dass in der Vergangenheit in Summe die Arbeit nicht ausgegangen ist, jenen Menschen nichts, die unglücklicherweise in Unternehmen arbeiten oder Berufe und Tätigkeiten ausführen in denen es zu Reduktionen des Arbeitsvolumens kommt. Denn das ist die andere, die individuelle oder einzelwirtschaftliche Seite der Digitalisierung.

Die ArbeitnehmerInnenvertretungen in Österreich stehen neuen Technologien traditionell nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. In der Einschätzung der Auswirkungen wurden die mittel- und längerfristigen positiven Aspekte neuer Technologien in Summe von den Gewerkschaften und der Arbeiterkammer höher bewertet als die möglichen kurzfristig negativen Wirkungen, wie sie im Zuge der Umstrukturierungseffekte entstehen. Nachvollziehbar wird eine solche strategische Ausrichtung anhand verschiedener Argumente (die zum Teil auf österreichische Spezifika abstellen).

Dazu gehört jedenfalls die relativ starke Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene über die Betriebsratskörperschaften – wo manche negativen Auswirkungen bereits abgefangen werden können. Weiters das Bestreben der Gewerkschaften, die Beschäftigten an den Produktivitätszuwächsen teilhaben zu lassen (Lohn- und Gehaltsverhandlungen). Dazu kommt ein weitgehendes Bekenntnis aller politischen Kräfte – jedenfalls in der Vergangenheit – zu einer geringen Arbeitslosenrate und einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Das ist wichtig, da damit VerliererInnen der technologischen Entwicklung die Aussicht auf rasche Reintegration in den Arbeitsmarkt realistisch in Aussicht gestellt wird. Als weiteres Element kommt hinzu, dass auch die überbetriebliche Sozialpartnerschaft bzw. deren Einfluss auf politische Maßnahmen verschiedene Möglichkeiten kennt, den Strukturwandel aktiv mit zu gestalten bzw. auch auf ein erträgliches Maß zu verlangsamen, um die negativen Auswirkungen in Grenzen zu halten und dennoch die positiven Aspekte zu lukrieren. So gelang es etwa den Gewerkschaften über einen ausgehandelten Kollektivvertrag den Übergang zu integrierten Texterfassungssystemen bei Tages- und Wochenzeitungen (ITS-Vertrag 1981) und damit den Strukturwandel eine bestimmte Zeit zu drosseln, um diese Zeit im Sinne der Beschäftigten für Re-Qualifizierungen und veränderte Arbeitsinhalte zu nutzen.

Mit diesem Zugang unterscheiden sich die österreichischen Arbeitnehmervertretungen doch mehr oder weniger stark von Gewerkschaften in manch anderen Ländern. Resümierend lässt sich sicher behaupten, die gesamtwirtschaftliche, die gesellschaftliche und die soziale Entwicklung – die Lebensqualität – hat sich zumindest gleichgut (gleichschlecht?) wie in anderen Ländern entwickelt. Auch die Position der Beschäftigten (Einkommen, Arbeitslosigkeit, Qualität der Arbeitsplätze, Mitbestimmung, …) kann im Vergleich durchaus hergezeigt werden.

Um dieses Modell weiter verfolgen zu können wird es darauf ankommen, die genannten grundlegenden Säulen zu erhalten bzw. sogar auszubauen. Damit kann erreicht werden, dass die Unternehmen über ein hohes technologisches Niveau ihre Wachstumschancen nutzen können (im Gegensatz zu prioritärer Kostenorientierung) und gleichzeitig die Beschäftigten und die Gesellschaft am Produktivitätsfortschritt teilhaben können.

Das alles klingt leichter, als es ist, sind doch gerade die Weitergabe der Produktivitätsgewinne, eine starke Sozialpartnerschaft, die Priorisierung von aktiver Arbeitsmarktpolitik und die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit derzeit nicht im Fokus aller politischen Kräfte. Die weitere Entwicklung wird daher nicht selbstverständlich eine Fortsetzung der bisherigen erfolgreichen Entwicklung. Es bedarf massiven Engagements und Überzeugungsarbeit.

Über die Autoren

Roland Lang und Fridolin Herkommer sind in der Abteilung Wirtschaftspolitik der Wiener Arbeiterkammer tätig.

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